Südamerikanisches mit Leidenschaft musiziert

Bajan, Violine und Klavier - Familie Gerter begeisterte erneut im Barocksaal

Von Otto Mittelbach, Illertissen

Sie sind schon „alte Bekannte“ und im Konzertsaal gern gesehene Gäste, die Gerters aus Neu-Ulm. Das neuerliche Auftreten bei Kultur im Schloss erhellte schlaglichtartig, mit welcher Konzentration und Hingabe, vor allem aber mit welch ursprünglicher Musikalität sie sich ausdrücken.

Vater Peter hat so gar nichts von einem Star an sich. Und doch erweist er sich mit seiner überlegenen Handhabung des Bajan, das ist ein russisches Knopfakkordeon, als Meister seines Faches. Unter seinen Händen erwächst Bachs berühmte d-Moll-Tokkata in vielerlei Facetten, einschließlich der fundamentalen Pedalpartien, die er durch geschickte Mischung der insgesamt 20 Register am Instrument simuliert. In einem halligeren Raum wäre die verblüffende Nähe zur Kirchenorgel noch deutlicher zum Ausdruck gekommen.

Tochter Maria, die vor dem Bachelor-Klavier-Examen an der Musikhochschule in Karlsruhe steht, präsentierte als dafür vorgesehene Beiträge die Ouvertüre aus Bachs vierter Partita in D-Dur mit klarer Artikulation, und danach bravourös drei glutvoll-lebendige „Danzas arrös gentinas“ von Alberto Ginastera, deren Farbigkeit in reich differenzierter Harmonik aufleuchtete. Schwester Anja, gleichfalls mehrfache Preisträgerin bei „Jugend musiziert“ bis auf Bundesebene, interpretierte zusammen mit ihr den ersten Satz aus der dritten Violinsonate von Edvard Grieg.


Foto: ch
Peter Gerter (Bajan), Anja gerter (Violine) und Maria Gerter (Klavier) bescherten im Barocksaal
einen Konzertabend mit Klängen aus Südamerika.

 


Dabei kosteten beide die weit geschwungenen, sich steigernden Bögen melodischer Linien voll aus und zauberten die in klanglichen Extremen dargestellte Stimmung nordischen Naturempfindens in den Raum.

Nach der Pause präsentierte sich die Familie als Trio, für das Vater Gerter wirkungsvolle Bearbeitungen geschaffen hatte. In drei Sätzen aus der Musik zu Puschkins Erzählung „Schneesturm“ kam der Schostakowitsch-Schüler und Nachfolger als Erster Sekretär des Komponisten-Verbands, Georgy Swiridov, zu Wort.

Blendendes Zusammenspiel der drei Interpreten auch im Beitrag von Luis di Matteo, „55. Breitengrad“, der den Tango in die Nähe von Kap Hoorn verlegt und durch seine packenden Rhythmen fesselt.

Unter den drei Stücken von Astor Piazzola, dem gefeierten Tango-Spezialisten, ist „Einsamkeit“ dem Paso doble angenähert, „Furcht“ von einfachem Motiv geprägt. Das geht durch die Instrumente und wird immer wieder neu beleuchtet. Den „Haifisch“ bestimmt eine über Ostinato-Bass unerbittlich vorwärtsdrängende, fulminante Rhythmik. Erstaunlich, wie überlegen die drei Partner - die Geigerin durchwegs auswendig agierend - auch vertrackte Einsätze beherrschten. Die von überschäumender südamerikanischer Musizierlust zeugenden Werke wurden durch Darius Milhauds Feuer sprühendes „Brazileira“ aus „Scaramouche“ in ihrer unmittelbaren Wirkung sogar noch überhöht.

Donnerndem Beifall folgten zwangsläufig Zugaben: „Golliwoks calkwalk“ aus Claude Debussys „Childrens corner“, effektvoll bearbeitet, und ein „Intermezzo im Country-Stil“ von Jewginj Derebenko, russisch eingefärbter Jazz, begeisterten, ehe das skurrile Bajan-Solo „Die Hühner“ vom gleichen Komponisten Spaß bescherte.

 
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